Das Leben steckt voller Entscheidungen. Ganz vielen kleinen, meist unbewussten, die wir einfach so im Alltag treffen. Wann wir entscheiden mit dem Kochen zu beginnen, was eingekauft werden muss oder dass man sich jetzt hinsetzt und diesen Eintrag verfasst. Doch diese “kleinen” Entscheidungen sollen jetzt nicht im Mittelpunkt stehen. Diese sind für mich meist sehr unproblematisch und auch wenn es manchmal schwer fallen kann zu entscheiden was man essen möchte, hat das meist keine weitreichenden Auswirkungen. Vielmehr soll es um die schwereren Entscheidungen gehen, die zwar nicht jeden Tag getroffen werden müssen, über die man sich aber doch gern mehere Tage Gedanken macht und die meist nicht einfach sein.
Meist geht es bei den Entscheidungen um etwas. Etwas in der Zukunft. Es muss nicht unbedingt direkt der ganze Lebensweg sein, aber doch kann es einen gewissen Teil der eigenen Zukunft bestimmen. Wo möchte ich studieren, wo möchte ich arbeiten? Mit wem möchte ich mein Leben teilen und mit wem nicht? Das sind Fragen, die sich nicht Tag täglich stellen, aber immer wieder aufkommen. Meist ist die Entscheidung auch erst das Ende eines längeren Prozesses. Die Trennung von meiner letzten Freundin war auch kein Prozess in dem zu Beginn die Entscheidung direkt im Raum stand. Die Entscheidung kam eher erst zum Ende hin, als klar wurde, dass diese aktiv getroffen werden muss, da sie sich durch die entsprechenden Umstände aufgedrängt hat. Schon vorher denkt man aber über das Thema oder den Sachverhalt mit dem die Entscheidung verbunden ist nach. Man macht sich Gedanken wie man zu etwas steht, wie man sich mit etwas fühlt. Die Entscheidung kommt dann, wenn das Verhältnis nicht unbedingt eindeutig ist.
Aber Entscheidungen können auch deutlich kurzfristiger sein. Gerade wenn sie mehr von außen kommen. Das Ende des Studiums, das die Frage aufwirft wie es danach weitergeht. Erst kommen Ideen, welche Möglichkeiten es gäben könnte und irgendwann kommt dann eine Entscheidung für eine dieser Ideen. Das kann mehr unterbewusst und intuitiv sein, weil man von einer Idee direkt überzeugt ist oder ein aktiver Prozess sein, bei dem man unsicher ist, man vielleicht auch andere zu Rate zieht. Die aktuelle Entscheidung nach meinem Studium nach Skandinavien zu gehen und da für einen gewisse Zeit zu arbeiten, Auslandserfahrung zu sammeln, war mehr etwas unterbewusstes und intuitives. Ich wusste, dass ich nicht unbedingt in Karlsruhe bleiben möchte und ich auch gerne nochmal ins Ausland möchte, da ich dies nicht währende meines Studiums realisiert habe. Skandnavien interessiert mich als Region, die letzten Urlaube waren dort, die Lebensverhälntnisse sind gut, Englisch geht überall und die Kultur ist nicht alszu verschieden. Es war mehr eine Idee die mich gepackt hat und für die ich mich schnell entschieden habe, als ein aktiver Prozess mit vielen Abwägungen zwischen verschiedenen Optionen. Es ist eine Entscheidung mit der ich aktuell sehr gut leben kann, ich eine gewisse Vorfreude habe. Aber es wird auch Momente kommen, in denen ich die Entscheidung hinterfrage, vielleicht kommt es sogar dazu das ich diese kippe.
Als ich mit 16,17 viele Motivationsvideos geschaut habe, gabe es immer wieder die Message, dass es wichtig ist Entscheidungen schnell treffen zu könenn und bei dieser zu bleiben, weil man schon davor seine Werte geordnet hat und sich dieser Werte bewusst ist, sodass eine Entscheidung eigentlich nur die rationale Abbildung dieser Werte auf die Entscheidung ist. Das habe ich auch sicherlich versucht so umzusetzen und oft fahre ich damit auch gut. Insgesamt würde ich auch sagen, dass ich ein ziemlich rationaler Mensch bin, dem ein solches Vorgehen leicht fällt, aber ich merke auch, dass das nicht immer der Fall ist. Das der Ansatz zwar oft funktioniert aber nicht immer. Gerade wenn es nicht nur rational ist, sondern auch emotional.
Für mich wird eine Entscheidung richtig schwer, wenn der Kopf und der Bauch etwas anderes sagen. Wenn ich mit meinen Gefühlen nicht hinter dem komplett rationalen stehe. Dann treffe ich nie gerne eine Entscheidung und im Zweifel zweifelt ein Teil meines Ichs dann auch an dieser Entscheidung, was es umso schwerer macht mit der Entscheidung zu leben. Man schliesst nicht richtig ab, kann schwerer nach vorne blicken, denkt immer wieder drüber nach, wie es wäre, wenn man anderes entschieden hätte. Gerade eine spezielle Art von Entscheidung fällt dabei besonders ins Gewicht. Die Entscheidung aufzugeben oder aufgeben zu müssen. Ich bin sicherlich nicht der ehrgeizigste Mensch der Welt, aber ich kann in bestimmten Situationen beißen und versuchen das zu schaffen, was vielleicht rational schon durch ist. Um vier Uhr nachts im Theo fast durchgefroren zu stehen und zu überlegen, ob man jetzt die nächsten 50km auf dem Rad noch schafft ohne das man die Möglichkeit hat im Zweifel anders weiter zu kommen, ist schwer. Der Bauch will weiter, will sich beweisen, am Ende mit der Leistung prahlen können. Der Körper ist am Ende, die Zehen sind kaum noch spürbar, die bisherigen 110km wiegen schwer, die Müdigkeit kickt hart. Der Kopf weiß, dass es sehr schwer wird die 50km zu schaffen, dass die Bahn eine angenehme Alternative ist und das man im Zweifel seine Gesundheit aufs Spiel setzt. Aber auch wenn die Entscheidung aufzugeben in dem Moment rational richtig war, tat sie weh, kratzte am Ego und der Bauch war nie ganz dabei.
Auch in anderen Situationen und Kontexten tritt dieser Zwiespalt auf. Wird die Entscheidung für mich richtig schwer und das Leben mit einer solchen Entscheidung auch. Die Zeit wird wie immer zeigen wie es weitergeht. Meist ebben Emotionen ab und man kann seinen Frieden mit dem rationalen finden. Manchmal denke ich aber auch, dass ich teilweise zu rational bin, mehr emotional sein sollte, auch wenn es gefährlicher sein kann. Mal sehen was mich das Leben diesbezüglich noch lehrt.
Personal — 21. Jan. 2024